Das Rehakolloquium ist der größte rehabilitationswissenschaftliche Kongress in Deutschland. In seiner 32. Auflage fand der dreitägige Kongress vom 20 bis 22. Februar 2023 im Hannover Congress Centrum statt. Neben der Verleihung des Zarnekow-Preises für herausragende Arbeiten im Bereich der Rehabilitationsforschung hatte der Kongress zahlreiche Vorträge zu den verschiedensten Themen der Rehabilitation bieten. Für den DVGS lag ein Fokus naturgemäß auf dem von Dr. Andrea Reusch und Dr. Wolfgang Geidl geleiteten Diskussionsforum “Wie kommen moderne Ansätze der Bewegungsförderung in die Reha-Praxis?”. Im Zuge des Forums hielt auch Angelika Baldus, Hauptamtlicher Vorstand des DVGS e. V., einen Vortrag.

 

Anknüpfend an den Keynote-Vortrag des Vortags setzte Frau Baldus dabei die demografischen und gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen in den Kontext der Sport-/Bewegungstherapie. Frau Baldus legte hierbei eindrücklich dar, dass Letztere nicht nur von derselben Versorgungslücke betroffen sein wird wie andere Sektoren des Arbeitsmarktes, sondern parallel dazu der Bedarf an Sport-/Bewegungstherapie durch dieselbe demografische Entwicklung überproportional ansteigen wird. Schließlich werden die vielen Baby-Boomer auch den Rehabilitations- und Pflegebedarf von morgen definieren. Dies stellt umso höhere Anforderungen an die Kompetenzen der Sport- /Bewegungstherapeuten. Durch den indikationsübergreifenden Charakter der Sport-/Bewegungstherapie sowie die Fähigkeit, in Gruppen eine hohe Effizienz zu erreichen, stellt diese Entwicklung nach Frau Baldus eine große Chance für die Sport-/Bewegungstherapie dar. Aufgrund der aktuellen, sehr heterogenen Ausbildungsstruktur, der Verwässerung an bewegungs- und trainingswissenschaftlichen Basisqualifikationen und dem Mangel an für den Arbeitsmarkt qualifizierenden universitären Angeboten wird es jedoch schwierig, diese Chance auch zu nutzen.

Während auf dem Kongress viele interessante Themen diskutiert wurden, blieb die Stellung der Bewegungstherapie paradox. Einerseits bestimmt die Bewegungstherapie das Geschehen in der Rehabilitation, gleichzeitig führt sie jedoch eine untergeordnete Rolle in der Rehabilitationswissenschaft. Inhalte, die für einen Sport-/Bewegungstherapeuten in der Praxis relevant sind, wurden so gut wie nicht diskutiert. Es wurden kaum bewegungstherapeutische Behandlungskonzepte vorgestellt oder evaluiert. Vielleicht ist dies, wie auch der Mangel an für die Therapie qualifizierenden Studiengängen, ein Zeichen einer Entfremdung der sportwissenschaftlichen Institute von der Reha und der klinischen Praxis. Jedenfalls kann auf diese Weise die demografische Lücke wohl kaum geschlossen werden und das Potenzial der Sport-/Bewegungstherapie, die Hindernisse der Zukunft als Chance zu ergreifen, dürfte voraussichtlich ungenutzt bleiben.

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Maximilian Köppel

Deutscher Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie

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